Ein weiterer Beitrag aus unserer Interview-Reihe gibt Einblicke in die täglichen Herausforderungen einer LKW-Fahrerin. Von der Suche nach sicheren Parkplätzen bis hin zu den täglichen Anforderungen auf der Straße. In diesem Interview spricht eine erfahrene Lkw-Fahrerin offen über ihre Erfahrungen mit Parkplatzproblemen, die Sicherheit auf den Straßen und ihre Wünsche an die Infrastruktur. Sie gibt Einblicke in den Alltag einer Fernfahrerin und zeigt auf, wo dringend Verbesserungen notwendig sind.
Haben Sie Probleme, abends einen Parkplatz auf der Autobahn zu finden?
Ja, aber ich bin ja ein schlauer Fuchs. Ich fahr‘ ja schon über 30 Jahre. Ich kenn‘ ja nun sehr viele Städte, Dörfer usw. und da fahr‘ ich auch ab. Dann fahr‘ ich irgendwo ins Industriegebiet. Natürlich trifft man dann die großen Betonklötze an. Sie haben alles zugemauert, damit sich da ja keiner hinstellt. Aber ich find’ immer irgendwo ein Plätzchen.
Fahren Sie immer die gleichen Routen oder sind die Routen im Wechsel?
Nein, das verändert sich. Ich verlasse Deutschland und geh‘ nach Luxemburg. Da fahre ich erst einmal Linienverkehr, aber das ändert sich auch ab und zu auch mal.
Also haben Sie generell wenig Probleme, einen Parkplatz zu finden?
Ja, es geht. Aber gut, es ist ja ein generelles Problem. Ich hab demnächst eine Podiumssitzung und da wird auch darüber gesprochen. Oder ich will das mal anschneiden mit den Parkplätzen, weil es sind ja auch viele Parkplätze an der Autobahn, die mit Sandhaufen oder irgendwelchen Maschinen zugestellt sind. Die stehen da rum von irgendwelchen Bauarbeitern. Dann wird der wertvolle Parkplatz zu einer Abstellfläche für irgend so ein Bauunternehmen und wir müssen gucken, wo wir bleiben.
In Skandinavien hab‘ ich damals eine Karte gekauft, ähnlich wie eine Bank-Check-Karte. Hinter fast jeder Tankstelle ist ein Anbau, da hält man die Karte dran, dann kann man da Wäsche waschen, Fernsehen gucken, man kann sich etwas kochen, man kann duschen. Das ist ideal gelöst und da weiß ich nicht, warum man das nicht auch in Deutschland hinbekommt. Man bezahlt für die Karte ca. 60-70 €/Jahr. Ist vielleicht jetzt auch ein bisschen teurer geworden, das weiß ich nicht. Alles ist kameraüberwacht – Toiletten und Duschen natürlich nicht. Wer solch eine Karte hat, ist dann auch registriert mit Ausweis. Dann wird auch kein Schindluder getrieben.
Diese Karte gibt’s von der Tankgesellschaft PREM. Und auch von Q8 gibt’s das. Aber damals bei uns hieß das „Elite-Trucker“. Ob das jetzt noch so heißt, weiß ich nicht. Das war aber sehr, sehr praktisch. Und das kann man doch bei uns auf den Parkplätzen auch machen.
Ich finde immer – ich hatte selber ein Wohnmobil – die Wohnmobilfahrer im Sommer, die können doch auch auf einen Park-and-Ride-Parkplatz oder in das nächste Dorf fahren. Die müssen doch nicht unsere Parkplätze belagern. Dann braucht man vielleicht auch nicht so ein blödes Steinhaus in der Mitte vom Parkplatz, sondern setzt es so etwas an die Seite. Dann macht man auf der einen Seite Duschen, die ohne Bargeld funktionieren, damit nicht die Kassen wieder aufgebrochen werden können. Das geht ja alles mit Kartensystem, ist doch kein Problem. Dann können die Leute da Duschen. Das nächste Problem ist dann das Saubermachen. Man könnte Serviceanbieter mit einbinden, die diesen Service anbieten. Wenn man will. Aber hier will ja keiner. Der Fernfahrer ist nach wie vor der letzte Dreck. Sieht man doch, egal, wo man hinkommt. Die Zentrallager sind die Schlimmsten. Wir müssen Auf- und Abladen. Wir müssen die Folie abschneiden. Wir müssen die Paletten absetzen, weil die sonst für das Hochregallager zu hoch sind. Das mach’ ich nicht! Das gehört nicht zu meinem Aufgabenbereich. Und das zahlt mir keiner. Aber der Chef, der kriegt Geld dafür. Das ist schon eine fiese Nummer. Hier muss sich einfach etwas tun. Das kann so nicht mehr weiter gehen.
Und diese kleinen Parkplätze, die sind ja auch alle voll. Die stehen mit dem Hintern auf der Autobahn! So würde ich mich gar nicht hinstellen. Das ist viel zu gefährlich.
Und dann auch das Problem mit dem Essen. Wer möchte denn ein Gummibrötchen? Und so teuer! So ein Brötchen kann doch nicht 4,80 € oder so kosten! Das geht doch gar nicht! Deswegen lobe ich mir das Jägerheim in Lohne/Dinklage. Er verlangt keine Parkplatzgebühr und man kann dort für 2,50 € duschen. Er hat zwar nur 3 Duschen, aber trotzdem sind sie sauber und ordentlich und man bekommt dort Hausmannskost zu vernünftigen Preisen. Das ist der Standort A1, Lohne/Dinklage. Da ist ein Shell-Autohof und ein Stückchen weiter rechts ist dann das Jägerheim. Dort ist immer voll, jeden Tag. Samstag haben sie dort Ruhetag, ansonsten ist das Ding jeden Tag voll. Und donnerstags gibt es All you can eat. Für 20 € kann man da Buffet-Essen, so viel man will. Das finde ich ganz toll.
Unterstützt Sie Ihr Disponent/Ihr Spediteur bei der Parkplatzsuche?
Nein. Ich hatte jetzt Glück – das sage ich Ihnen! Ich wollte auf diesem bewachten Tankpool-Parkplatz in Düren fahren. Habe es versucht mit der Tankpoolkarte und das ging nicht. Dann habe ich es mit der DKV-Karte versucht, ging auch nicht. Dann fuhr ein Fahrer von einer anderen Spedition rein – die Spedition hat wohl auch einen Firmensitz dort in der Nähe. Die stehen da immer am Wochenende. Und dem bin ich einfach hinterhergefahren und dann stand ich auf dem Parkplatz. Das hatte der Fuhrparkleiter gesehen, da sind ja überall Kameras. Und dann kam ich mit ihm ins Gespräch und hab ihm das erklärt. Und dann hat er mich dort quasi mit stehen lassen. Aber heute Morgen musste ich den Notruf von Tankpool anrufen, damit die mir das Tor aufmachen. Man kann dort auch duschen, aber das war … naja, es ging. Aber dafür, dass es umsonst ist, wollen wir mal nicht meckern. Es gibt Duschen, der Parkplatz ist bewacht und es geht auch keiner an die Ware.
Wie oft überschreiten Sie wegen der Parkplatzsuche Ihre Lenkzeit?
Fast täglich. Ja, ist so. Mir ist das scheißegal, ich bin noch aus der Tacho-Scheiben-Zeit. Die wünsch’ ich mir zurück.
Bekommen Sie dann in der Regel Ärger mit deiner Spedition?
Ja, der Chef sieht das ja. Und dann wird schon mal gesagt „Hör mal, das geht so aber nicht!“ Aber dann soll er mir halt einen Parkplatz suchen oder reservieren. Er bezahlt die Parkplätze auch nicht. Ich muss alles aus meiner eigenen Tasche von meinen Spesen bezahlen. Mal 25 € mit 10 € Verzehr, mal 12 € mit 8 € Verzehr, es ist ganz unterschiedlich. Man wird dort Geld los ohne Ende. Ganz furchtbar.
Wurden Sie auf einem Parkplatz schon einmal überfallen oder wurde Ihrem Fahrzeug ein Schaden zugefügt (Planenschlitzer)?
Planenschlitzer hatte ich schon mal. Ich hatte Erotik-Artikel geladen in Holland und hab die nach Schweden gebracht. Ich hab angehalten an einer tollen Raststätte. Ich wusste, dass man dort morgens gutes Frühstück bekommt. Ich hab unter einer Laterne gestanden, schön beleuchtet alles, und am nächsten Morgen geh’ ich raus und um mein Fahrzeug herum. Und ich denk’: Was ist das denn? Ein Riesenschlitz in der Plane, hinten war die Tür auf und die Kartons waren offen. Die Dildos flogen überall auf dem Parkplatz rum. Die Ware war total aufgerissen und ich habe sie dann so gut es ging wieder verpackt. Ich habe alles fotografiert, die Auftraggeber sind ja auch alle versichert.
Dann haben sie mich mal in Spanien erwischt, bei Barcelona, an einer Tankstelle. Ich stand parallel zur Tankstelle. Die linke Seite (Fahrerseite) war beleuchtet, an der anderen Seite war eine Leitplanke mit Graben und einem Feld bzw. Wiese. Da hab ich nicht daran gedacht. Ich wollte nur 4 Stunden schlafen und dann weiterfahren. Ich bin viel später und mit dickem Kopf aufgewacht. Die Tür war offen und ich konnte mich gar nicht sammeln. Meine Jeans fehlte, meine Waschtasche fehlte und mein Handy war natürlich auch weg, klar. Die haben mich eingegast! Die wissen ganz genau, wie viel sie sprühen müssen, wie lange man dann weg ist und dann holen die sich alles, was sie so brauchen und haben wollen. Die Polizei kommt nicht mehr.
Letztes Jahr bin ich mit einem Pferdetransporter nach Spanien gefahren und habe für einen Immobilienmakler seine Polopferde nach Mallorca gebracht. Auf dem Rückweg habe ich in Barcelona einen andalusischen Hengst mitgenommen. Ich wurde müde und bin in Frankreich stehengeblieben. Die Raststätte hatte eine ganz tolle Bewertung, mit Kameraüberwachung, usw. Da habe ich auch unter den Laternen gestanden. Um mich herum noch Wohnmobile und deutsche Fahrer. Und ich denk’ noch so, na wunderbar. Da wurde ich auch eingegast!. Meine Handtasche hatte ich wirklich so gut hinter dem Sitz versteckt. Aber die wissen ganz genau, wie es geht. Das Pferd war noch da, auch das ganze Equipment, Sattel, Trense, da war nichts weg. Es war nur mein Geld weg. Man kann die Polizei anrufen, ich spreche ja französisch, aber die kommen nicht mehr. Die sagen ganz klar, das passiert zu oft.
Wie sieht für Sie der perfekte Lkw-Parkplatz aus?
So ähnlich wie in Frankreich: nicht die Schnauze vorne zur Autobahn, sondern vorne einen Pkw-Parkplatz, weil die in der Regel nicht lange bleiben. Dann kann man nach hinten raus, so ein bisschen ins Feld rein, die Lkw-Parkplätze anlegen und dort auch die Dusch- und Waschcontainer aufstellen, die auch regelmäßig gereinigt werden sollten. Man kann die ja auch so bauen, dass man – wie in einer Waschstraße für Lkw – so ein Sprüh-Ding nimmt und alles mit Desinfektionsmittel einsprüht und dann mit einem dicken Dampfstrahler drüber geht. Vorne ein Abfluss, durch den alles abfließen kann und die Duschkabinen sind wieder sauber und der nächste kann duschen gehen.
Meinen Sie, dass eine Videoüberwachung potenzielle Planenschlitzer von ihrem Plan abbringen?
Ja, unbedingt. Und auch ein bisschen mehr Trubel. Es müsste auch eine kleine Hütte (nicht diese widerlichen Cafés). Ich mag es am liebsten, wenn man den Kaffee noch selber aufbrüht. Ein richtig guter Filterkaffee eben. So, und wenn man dann so ein Imbiss-Wägelchen dort aufstellen würde und dann kommt da eben so eine nette Omi oder so, die dann belegte Brötchen verkauft und Kaffee und abends vielleicht dann auch noch mal ein Bierchen oder so. Also nicht zum Besäufnis, sondern als Feierabendbierchen, und ein kleines Schwätzchen halten. Das wär doch nett. Das kann man alles machen. Bloß in Deutschland gibt es immer nur Auflagen. Man muss dies bezahlen und die Miete und jenes. Das ist schrecklich.
Wie lange vor Ende deiner Lenkzeit beginnen Sie mit der Parkplatzsuche?
Relativ kurzfristig. Also maximal eine halbe Stunde vor Ende.
In welcher Region in Deutschland ist es besonders schwer einen Parkplatz zu finden?
Im Prinzip ist es überall gleich, weil Deutschland ist ja ein Transitland. Da fahren sie nun alle durch, um eben ins Elsass nach Frankreich, nach England, nach Holland zu kommen. Man kann auch gar nicht planen. Ich bekomme am Freitag meine Aufträge für Montag, aber da kann ich ja nicht schon mal einen Parkplatz suchen. Man kennt so nach einer gewissen Zeit seine Plätze. Ich weiß, wo Autohöfe sind und man kann auch um die Autohöfe ringsrum stehen. Ich seh das auch nicht ein, so viel Geld zu bezahlen auf diesem Autohof. Und dann kann ich von dem Verzehrbon noch nicht mal duschen gehen. Das geht so einfach nicht. Da muss etwas anderes her. Wir versorgen die Wirtschaft. Wenn wir 1 Woche die Fahrzeuge stilllegen, dann ist Feierabend. Aber das verstehen die Leute in Deutschland nicht. Ja gut, in der ehemaligen DDR haben die Leute noch eher Verständnis. Aber hier? Um Gottes willen! Hau bloß ab! Oder man wird geschnitten und ausgebremst. Das ist echt nicht mehr normal. Auch die ganzen Osteuropäer – die können ja auch nichts dafür. Die wollen auch nur Geld verdienen und ein besseres Leben führen. Es wird immer nur gemeckert. Aber das sind die, die helfen, wenn man eine Panne hat und liegen geblieben ist und Hilfe nötig hat.
Wie ist die Kommunikation unter den anderen Fahrern? Geben Sie sich Hinweise, wo noch freie Flächen sind?
Da gibt es jetzt auch eine App oder über Facebook irgendetwas. Aber in der Regel ist es nur firmenintern, dass man sich da mal austauscht über die Firmengruppe. Ich hab ja auch ein paar Lkw-fahrende Frauen als Freundinnen und die geben schon mal Tipps. Oder ich hab neulich gesagt, da gibt es eine neue Industriegebiet-Abfahrt, da fahrt ihr A5, kurz vor Frankfurt, Friedberg, Roßbach vor der Höhe, da kann man sehr gut stehen. Da gibt es auch L’Osteria, da gibt’s eine Aral-Tankstelle und an der Shell vorne kann man duschen. Das kommt gut an. Dann schick ich den Standort. So machen wir das dann.
Haben Sie eine firmeneigene App? Welche Funktionen hat diese?
Aufträge kommen über Transit-System. Wir haben ja ein Tablet hier drin, da kommen ja auch unsere Aufträge. Und diese WhatsApp-Gruppe. Die ist also wirklich nur für die Fahrer, dass die sich austauschen. Aber da hab ich auch schon lange nichts mehr gelesen und gehört. Und die Fahrer sind ja auch ein bisschen eigenartig. Sind alles irgendwie Spinner vor dem Herrn.
Empfiehlt Ihnen Ihr Arbeitgeber Lkw-Parkplätze für die Nacht oder überlässt er die Planung dir?
Das interessiert den gar nicht. Die sind hier sehr oberflächlich. Auch das Fahrzeug muss dringend in die Werkstatt. Kümmert sich keiner. Naja, wenn er dann kaputt ist, ist er kaputt.
Wie wichtig ist Ihnen die familiäre Unterstützung?
Hatte ich mal, aber es ist ja leider niemand mehr da.
Ist es für Sie schwierig, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen?
Ich war ja nie verheiratet, habe keine Kinder. Das war nie in meinem Interesse. Ich wohne alleine und das ist auch schön so. Das bezeichne ich als Luxus, wenn ich die Haustür aufmache und da ist niemand. Das wär noch schöner: sitzt einer mit einem Schießer-Feinripp da und fragt, wann es Essen gibt. Da krieg’ ich einen Vogel! Ich kann essen, wann ich will. Ich kann schlafen, wann ich will, Ich kann im Fernsehen gucken, was ich will. Man muss ja in einer Beziehung immer kompromissbereit sein. Und deswegen freuen sich auch viele Chefs, wenn ich sage, ich kann auch übers Wochenende fahren. Ist mir alles egal. Natürlich nicht ständig. Aber jetzt ist ja der Umbruch, ich ziehe nach Belgien. Da habe ich jetzt ein Häuschen gefunden.
Ist Ihnen bekannt, dass die Warenversender in ihren Auftragsbedingungen bei hochwertigen Waren direkt verlangen, dass die Ware sicher transportiert wird und auf gesicherten Parkplätzen geparkt werden muss?
Ja, es verlangen schon viele. Je nachdem, was transportiert wird. Das kann ich ja auch verstehen. Ich hatte am Freitag Haribo geladen und deswegen war mir das wichtig, dass ich da irgendwo steh, wo eben keine Planenschlitzer sind. Naja, diese Firma ist ja auch bald Geschichte.
Die Antworten aus dem Interview wurden unverändert wiedergegeben, um die Authentizität und den persönlichen Stil des Interviewpartners zu bewahren.